Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump will – entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse – eine Ursache für Autismus bei Kindern entdeckt haben. Ohne Belege zu nennen, zog Trump eine Verbindung zwischen der Einnahme des Schmerzmittels Paracetamol während der Schwangerschaft und einem erhöhten Autismus-Risiko bei Kindern. Wissenschaftlern zufolge gibt es keine eindeutigen Beweise für einen solchen Zusammenhang.
Bei Paracetamol handelt es sich um eines der weltweit am häufigsten verwendeten rezeptfreien Schmerzmittel. Wegen seiner fiebersenkenden Wirkung wird es zudem unter anderem bei Schwangeren eingesetzt, um Komplikationen zu vermeiden. Der Wirkstoff Acetaminophen ist in Deutschland unter dem Markennamen Paracetamol bekannt, in den USA als Tylenol. “Die Einnahme von Tylenol ist nicht gut”, sagte Trump bei einer Veranstaltung im Weißen Haus. “Ich sage es ganz offen. Nicht gut.” Die Arzneimittelbehörde FDA werde Ärzte darüber in Kenntnis setzen, sagte Trump an, ohne Belege für seine Behauptung vorzulegen.
Mit seinen Aussagen widerspricht der US-Präsident medizinischen Empfehlungen. Die US-Hochschule für Geburtshelfer und Gynäkologen (ACOG) in Washington gehört zu einer Reihe von Einrichtungen in den USA, die das rezeptfreie Medikament als eine der sichersten Möglichkeiten zur Schmerzlinderung und Fiebersenkung während der Schwangerschaft empfehlen. Der US-Gynäkologen-Verband nannte Trumps Warnungen “verantwortungslos”. Diese sendeten eine schädliche und verwirrende Botschaft an Schwangere. Die Society for Maternal-Fetal Medicine teilte zudem mit, dass unbehandelte Fieber in der Schwangerschaft, insbesondere im ersten Trimester, das Risiko für Fehlgeburten, Frühgeburten und andere Komplikationen erhöhen.
Trump widerspricht wissenschaftlichem Konsens über Schutz vor Hepatitis B
Zudem widersprach der US-Präsident dem wissenschaftlichen Konsens über einen möglichst frühen Schutz vor Hepatitis B., indem er sagte, es gebe “keinen Grund”, Neugeborene gegen die hochansteckende Infektionskrankheit Hepatitis B zu impfen. Die Krankheit kann die Leber schädigen und Krebs verursachen. Wissenschaftler haben belegt, dass eine Übertragung der Krankheit von der Mutter am besten mit einer Impfung am ersten Lebenstag verhindert werden kann. Dennoch forderte Trump Änderungen im Impfplan für Säuglinge bezüglich Hepatitis B. “Ich würde sagen, wartet, bis das Baby zwölf Jahre alt und ausgereift ist”, sagte er.
Die US-Regierung ist zuletzt verstärkt gegen Forschungs- und Bildungseinrichtungen vorgegangen. Trump selbst widerspricht immer wieder wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sein Gesundheitsminister Robert Kennedy gilt als Impfgegner und machte wiederholt mit Verschwörungserzählungen von sich reden.
Fallender Börsenkurs für Schmerzmittel-Hersteller
Die Behauptung habe keine wissenschaftliche Grundlage, teilte der Hersteller von Tylenol, das Konsumgüterunternehmen Kenvue, vor Trumps jüngster Aussage mit. Zuvor hatte Kenvue zudem mitgeteilt, die FDA und führende medizinische Institutionen seien sich hinsichtlich der Sicherheit von Paracetamol, seiner Verwendung während der Schwangerschaft und der auf dem Etikett angegebenen Informationen einig. Schwangeren werde geraten, vor der Einnahme von Medikamenten mit ihrem Arzt zu sprechen. Kenvue-Aktien waren mit einem Minus von 7,5 Prozent aus dem Börsenhandel gegangen.
In den USA gibt es eine Debatte über die zuletzt angestiegene Zahl der Autismus-Diagnosen. Laut der US-Gesundheitsbehörde CDC ist derzeit eines von 31 Kindern in den USA von der Entwicklungsstörung Autismus betroffen. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge ist ein Teil des Anstiegs auf ein gestiegenes Bewusstsein sowie veränderte Diagnosekriterien zurückzuführen. Über Jahrzehnte hinweg wurde die Diagnose nur bei Kindern mit schweren Kommunikations- oder Sozialisationsproblemen beziehungsweise mit auffälligem Verhalten gestellt. Doch seit etwa 30 Jahren umfasst die sogenannte Autismus-Spektrum-Störung auch mildere Fälle von Autismus, die weitaus häufiger auftreten.





